„Koffergeschichten“ zum „Leben aus dem Koffer“

Das BK-Stadtmitte blickt auf eine 20-jährige deutsch-israelische Partnerschaft und bewirbt sich auf den Otto-Wels-Preis 2015: FREUNDSCHAFT

Wie alles begann

Menschen mit Koffern verlassen ihre Häuser. Angetrieben von den nationalsozialistischen Aufsehern mussten sie in kürzester Zeit ihr Leben in einen Koffer packen… doch das Leben aus dem Koffer währte nicht lange. Kurze Zeit später werden sie ihrer Koffer beraubt, wird der Inhalt ihrer Koffer, wird ihr Leben auf einen Haufen gekippt, haben nur noch Wertgegenstände wie Gold und Silber eine Bedeutung. Das Leben, der Koffer wird wertlos, wird in die Ecke geworfen und am Ende verbrannt. Die leeren Koffer werden zum Symbol der Menschenverachtung der Nationalsozialistischen Diktatur. Wir wollen sie mit gelebter Begegnung füllen und am Leben erhalten:
Einchecken am Flughafen Ben Gurion. „Es ist früher Morgen in Tel Aviv. Hinter mir liegen 10 Tage in Israel. Eine spannende und erlebnisreiche Zeit geht zu Ende. Gemeinsam mit den anderen aus meiner Gruppe bewege ich mich Richtung Zoll, meinen Koffer dicht bei mir. Immer wieder wurden wir darauf hingewiesen, den Koffer ja nicht aus den Augen zu lassen. Daran will ich mich unbedingt halten. Dann ist es so weit.
Der Zollbeamte fragt mich, was sich in meinem Koffer befindet. Ich versuche mich zu konzentrieren, möchte nichts Wesentliches und Wichtiges vergessen und berichte von Anziehsachen, Mitbringseln, Gastgeschenken und Souvenirs für den eigenen Gebrauch.

Dann öffnet der Zollbeamte meinen Koffer zur Kontrolle… und ich beginne zu träumen:
Wie wäre es, wenn ich hier an dieser Stelle von dem Erzählen könnte, was ich in meinem inneren Koffer über die Grenze ’schmuggle‘? Wie wäre es, wenn hier eine Geschichte beginnen würde, die von der Schönheit des Landes und der Gastfreundschaft der Menschen erzählen würde? Wie wäre es, wenn das Leben am Flughafen stillstehen würde, weil hier auf einmal eine Freundin erzählt, eine die Jerusalem liebt und in Karmiel eine wunderbare und liebenswerte Familie kennengelernt hat? Wie wäre es, wenn sich auf einmal ein Lachen auf den Gesichtern breit machen würde, weil ich von meinem mühsamen Aufstieg nach Massada erzähle? Wie wäre es, wenn…?“

Zur Idee

„Leben aus dem Koffer“ – Unter diesem Motto wollen wir Geschichten erzählen, Geschichten von Freundschaft. Geschichten, die Grenzen überwinden und Misstrauen vertreiben. Geschichten, die die Vergangenheit nicht vergessen lassen und doch immer wieder in die Zukunft weisen.
Den nationalsozialistischen Koffergeschichten zum Trotz wollen wir Koffergeschichten vom Leben erzählen. Geschichten, die von Menschen berichten, die sich trotzdem trauen, uns als Deutsche in ihre Häuser in Israel aufgenommen haben, die uns davon erzählt haben, wie sie ihr Leben nach dem Krieg in einen Koffer gepackt haben und es nach Israel getragen haben.
Wir wollen aber auch Geschichten von jungen Deutschen erzählen, die sich getraut haben, in ein fremdes Land zu fahren, sich auf neue Erfahrungen einzulassen, neue Sichtweisen zu gewinnen und andere Denkweisen kennenzulernen.
Der Koffer, den wir vorstellen, ist nur einer, aber randvoll gefüllt… gefüllt mit Leben… unser Koffer ist ein Symbol, das von Freundschaft erzählt.

Zum Selbstverständnis

Anliegen des Otto-Wels-Preises ist es, die Erinnerung an die Schrecken der Nazi-Herrschaft wachzuhalten und unser Bewusstsein, gerade das der jungen Generation dafür zu schärfen, dass die Grundlagen unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie des friedlichen Zusammenlebens der Völker und Kulturen immer wieder erneuert und gefestigt werden müssen.
Anlass ist der 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland im Jahr 2015 zum Thema „Freundschaft und Verantwortung“ in den israelisch-deutschen Beziehungen.
„Dass wir 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz das fünfzigjährige Bestehen unserer diplomatischen Beziehungen feiern können, ist alles andere als selbstverständlich. Es scheint insbesondere für uns Deutsche wie ein Wunder.“ (Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier).

Fünf Jahrzehnte diplomatische Beziehungen zwischen Israel und Deutschland beschreiben eine Geschichte von Trauer und Schuld, aber auch von Versöhnung, Freundschaft und wachsendem Vertrauen.
Das gilt nicht nur im Verhältnis der Regierungen zueinander, sondern gründet sich nicht zuletzt auch auf intensive und vielfältige gesellschaftliche Kontakte und zwischenmenschliche Begegnungen sowie dem Jugendaustausch, wie wir ihn erfahren haben.
So sehr die Freundschaft zwischen Israelis und Deutschen in den letzten fünf Jahrzehnten gewachsen und deutlich an „Normalität“ gewonnen hat, so sehr werden die Beziehungen beider Länder angesichts der Verbrechen der nationalsozialistischen Diktatur immer den Charakter des „Besonderen“ aufweisen und bewahren müssen. Aufgrund der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel werden die bilateralen Beziehungen immer einen herausragenden Stellenwert in der deutschen Außenpolitik einnehmen.

Was können wir tun? – Raushalten, nein. Frei von Schuldgefühlen sich dem Thema neu widmen: ja!

Der frühere Bundespräsident Johannes Rau (SPD) brachte es in einer Rede vor der Knesset im Jahr 2000 folgendermaßen auf den Punkt: „Das Verhältnis zwischen unseren Ländern wird für immer ein Besonderes sein. Im Wissen um das Geschehene halten wir die Erinnerung wach. Mit den Lehren der Vergangenheit gestalten wir die gemeinsame Zukunft. Das ist deutsch-israelische Normalität.“
Für die Gestaltung der gemeinsamen Zukunft kommt uns eine besondere Bedeutung zu – einer Generation, die weder die Zeit des Nationalsozialismus, der Shoa noch die Nachkriegszeit selbst erlebt hat.
Hier mehr zu unserem Erleben, hier unsere „Koffergeschichten“ einer 20-jährigen deutsch-israelischen Partnerschaft…